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12.12.25

Wein mit Freunden #88 Die Blind Tasting Challenge

In unserem Podcast „Wein mit Freunden“ präsentieren euch Antonia, Benni, David, Memo, Gianluca und Cossi alle zwei Wochen einen Wein aus unserem Sortiment. Als Weingenießer, aber auch als Profis: Antonia, Memo und David haben den WSET Level 3 (Wine Spirit Education Trust). Sie erzählen euch Interessantes und Wissenswertes aus der Weinwelt und Gianluca verrät euch die besten Wein-Speisen Kombinationen zu den Weinen.

In Folge #88 unseres Formats fordert Gianluca seine Mitstreiter David, Memo und Antonia zu einer klassischen Blindverkostung heraus. Was für viele Weinliebhaber nach einem spannenden Spiel klingt, gehört für ausgebildete Weinprofis – Sommeliers oder WSET-zertifizierte Experten wie unser Team – zum täglichen Handwerk. Doch was macht eine echte Blindverkostung eigentlich aus? Und warum ist sie so anspruchsvoll?



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Was ist eine Blindverkostung?

Eine Blindverkostung bedeutet nicht, dass man z.B. mit verbundenen Augen verkostet, sondern es wird Wein verkostet, ohne dass Informationen über Produzent, Region, Rebsorte oder Jahrgang bekannt sind. Die Flasche ist eingewickelt in Folie oder einen Überzug, damit man das Etikett nicht sieht. Dann wird der Wein eingeschenkt und verkostet. Die Blindverkostung folgt dabei einem klaren Schema: 

 Visuelle Analyse:
Farbe, Klarheit, Viskosität und Intensität liefern Hinweise auf Alter, Rebsorte oder Ausbau.

Nase:
Aromen, Intensität und Reinheit geben Aufschluss über Herkunftsregion, Reifegrad und Stilistik.   

Gaumen:
Struktur, Säure, Tannine, Körper, Alkohol, Aromatik und Länge sind entscheidend für die Qualitätsbeurteilung.   

Schlussfolgerung:
Aufgrund aller Eindrücke wird abgeschätzt, um welche Rebsorte, Region, Stilistik und Qualitätsstufe es sich handeln könnte und ob der Wein sofort trinkbar ist oder noch weiteres Lagerpotenzial hat.

Was Weinprofis in Prüfungen tatsächlich blind erkennen müssen

In offiziellen Prüfungen – wie bei uns z.B. die WSET Prüfung – geht es weniger darum, Winzer oder Jahrgänge zu erraten. Viel entscheidender ist eine präzise, nachvollziehbare Einschätzung des Weins. Wir müssen dabei unter anderem beurteilen: Rebsorte oder Rebsortenstil Herkunftsregion oder zumindest warme vs. kühle Klimazone Farbe und Klarheit des Weins Aromatik (Frucht, Gewürze, florale Noten, Reife, Holz, Mineralität etc.) Struktur (Säure, Tannin, Körper, Alkohol) Qualitätsniveau und Reifepotential   Wenn Rebsorte, Stilistik oder klimatische Herkunft korrekt eingegrenzt werden können, gilt das bereits als ausgezeichnete Leistung und eine bestandene Prüfung.

In der aktuellen Folge ist uns das ganz gut gelungen. Wir waren beim ersten Wein ganz klar bei Grüner Veltliner Smaragd aus der Wachau, beim Rotwein haben wir uns herangetastet über die klare Einschätzung und sind nach kleinen Umwegen zumindest auf Sangiovese aus der Toskana gekommen, wenn auch nicht konkret auf den Brunello di Montalcino. Die Prüfung hätten wir aber auf alle Fälle bestanden.

Warum nur wenige Menschen Winzer, Wein und Jahrgang blind erkennen können

Es gehört zu den größten Mythen der Weinszene, dass echte Profis jeden Wein blind sofort exakt bestimmen können. Die Wahrheit:
Selbst in der internationalen Sommelierszene gibt es nur sehr wenige Menschen, die tatsächlich den Winzer, den genauen Wein, den exakten Jahrgang und oft sogar die Einzellage blind identifizieren können. 

Das liegt daran, dass geschmackliche Unterschiede zwischen Jahrgängen oder Winzern oft minimal sind und durch Flaschenalter, Lagerung oder Glaswahl beeinflusst werden. Nur Menschen mit jahrelanger Erfahrung, außergewöhnlicher sensorischer Sensibilität und einer enormen Vergleichsdatenbank im Kopf schaffen diese Höchstleistung. Das setzt auch voraus, dass diese Menschen stetig Wein verkosten und sich dadurch auch sensorisch auf bestimmte Hausstile von Winzern schulen können.

Blindverkostung für Zuhause – so macht’s auch unter Freunden Spaß

Eine Blindverkostung lässt sich wunderbar auch unter Freunden durchführen – ganz ohne Profi-Equipment. Alles, was man braucht, sind ein paar unterschiedliche Weine, neutrale Gläser und etwas Neugier. Um die Flaschen „unsichtbar“ zu machen, reicht eine Socke, Alufolie oder Papier zum Einwickeln. Hauptsache, das Etikett ist komplett abgedeckt. Damit es später nicht zu Verwechslungen kommt, sollten die Gläser eindeutig markiert werden, etwa mit kleinen Stickern, Nummern oder farbigen Clips. Besonders spannend wird es mit einem schwarzen Verkostungsglas: Dadurch wird die Farbe komplett ausgeblendet – und plötzlich kann ein kräftiger, holzgereifter Weißwein schnell mit einem Rotwein verwechselt werden. Eine großartige Übung, um zu erleben, wie stark wir uns normalerweise auf den visuellen Eindruck verlassen. 

Für eine lockere Blindverkostung daheim empfiehlt es sich, eine einfache Verkostungsnotiz auszufüllen. Diese kann ganz unkompliziert folgende Punkte enthalten:   

Farbe & erste Eindrücke (hell/dunkel, klar/trüb) – wenn nicht im schwarzen Glas 
Aromatik (Frucht, Gewürz, Holz, Blumen, Kräuter, Mineralik)
Gaumen (Säure, Süße, Körper, Tannine, Alkohol) Gesamteindruck (gefällt mir / gefällt mir nicht, warum?)
Rateversuch (Rebsorte, Land, warmes oder kühles Klima)   

Die Blindverkostung gilt aber nicht als strenger Test, sondern als eine spaßige Übung, um Wein bewusster wahrzunehmen und gemeinsam darüber zu sprechen. Oft entstehen gerade in solchen Runden die überraschendsten Erkenntnisse – und die besten Lacher.